Es waren nur wenige Zentimeter. Diesmal hatten wir relatives Glück. Aber wie geht es weiter?

Hochwasser Almstedt 2023


Was ist im Gemeindegebiet Sibbesse beim Weihnachtshochwasser 2023 passiert?

Am Samstagabend, dem 23. Dezember 2023, war ich ständig beweglich im Gemeindegebiet unterwegs. Ich verschaffte mir ein Bild über die einsetzende Hochwasserlage und die Arbeit unserer ehrenamtlichen Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehr und der Mitarbeiter unseres Bauhofes.

Man konnte später lesen, der angekündigte Dauerregen war Teil eines der regenreichsten Dezember seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Nachdem der Dauerregen dann auch mit voller Wucht ernst machte, wurden vorsorglich an mehreren Stellen in der Gemeinde durch unsere Einsatzkräfte eine Unzahl Sandsäcke gepackt, an die gefährdeten Stellen im Gemeindegebiet verteilt und betroffenen Anwohnern zur Verfügung gestellt.

In allererste Linie ging es um Almstedt, Segeste und Hönze. Lokale Wasserstöße in anderen Ortschaften waren natürlich auch im kontrollierten Blick.

Im Dauerregen am Abend vor Weihnachten leisteten unsere Feuerwehren und der Bauhof mit den Mitteln die wir haben eine Arbeit zum Schutz der Betroffenen, für die wir zutiefst dankbar sind. Wir können stolz auf all diejenigen sein, die für uns gegen die Wassermassen kämpften. Denn der Abend war ja lange nicht alles für unsere Ehrenamtlichen.

An den Weihnachtstagen und danach wurden unsere ehrenamtlichen freiwilligen Feuerwehrleute zur Hilfe in Gemeinden im Landkreis gerufen, die es diesmal sehr viel härter als uns getroffen hat. Können Sie sich zum Beispiel an die Alarmierung durch Sirenen am 2. Weihnachtstag um 1:20 Uhr nachts erinnern? Einige unserer Ortsfeuerwehren wurden gerufen um auswärts in einer anderen Gemeinde, draußen bei Kälte im Regen in der Nacht arbeitend, die Wassermassen aufzuhalten. Was mich als Bürgermeister sehr stolz macht ist, die Autos der Feuerwehren waren immer voll von Helfern. Was für eine vorbildliche Einstellung! Was für eine Hingabe zur Aufgabe! Zwar brauchen wir unbedingt mehr freiwillige Feuerwehrleute um unsere Sicherheit auch dauerhaft zu gewährleisten! Es ist knapp, wie Sie in unserer Wochenzeitung lesen konnten. Aber die, die wir haben und es einrichten konnten, die kamen. Auf sie ist Verlass.

Wir schauen auf zu unseren Feuerwehrleuten und ich denke, stellvertretend für wohl alle, sage ich hiermit sehr ausdrücklich DANKE!


Wir haben Glück gehabt.

Bezogen auf unsere eigene Hochwasserlage im Gemeindegebiet Sibbesse können wir rückblickend sagen, wir haben Glück gehabt. Es ging um wenige Zentimeter. Mit eigenen Augen habe ich mich an dem Abend überzeugt, dass es in Almstedt an niedrigen Stellen des Alme-Ufers und an manchen Brücken vielleicht noch 10-15 cm Luft hatte. An einzelnen Stellen schwappte das Wasser bereits über. Die Despe in Hönze blieb in ihrem Bett. Möglicherweise gab es einige Kellerräume, in die Grundwasser eingetreten ist, aber offenbar blieben ganzheitlich gesehen größere Schäden aus. Ganz anders als 2017.


Was wird für unseren Hochwasserschutz getan?

Es stellt sich selbstverständlich die Frage, was ist eigentlich nach unserer Überflutung 2017 passiert? Draußen zu sehen ist ja nichts. Neue Hochwasserschutzbecken? Fehlanzeige.

Ende 2021 ins Amt des Bürgermeistern gekommen sage ich hier ganz ausdrücklich: Es dauert auch mir viel zu lange!!!

Und dennoch: Was die breite Öffentlichkeit nicht sehen kann ist, dass im Hintergrund viel am Hochwasserschutz gearbeitet wird. Die Verwaltung informiert seit geraumer Zeit in jeder (!) öffentlichen Ratssitzung über den jeweils aktuellen Sachstand. Kommen Sie dazu und informieren Sie sich. Auch über die anderen in der Gemeinde relevanten Angelegenheiten.

Die Gemeinde Sibbesse allein baut keine Anlagen zum Hochwasserschutz. Erstens ist das Zusammenspiel des Wasserflusses kein lokaler, sondern mindestens ein regionaler Zusammenhang. Zweitens sind die erforderlichen Geldsummen, die auch nach Abzug von Fördermöglichkeiten aufzubringen sind, durch die Steuerkraft einer Gemeinde allein einfach nicht leistbar. Diese Botschaft wird gerade jetzt wieder mit hohem Druck an die Landes- und Bundespolitik ausgegeben. Die Planung und Umsetzung des Hochwasserschutzes im Gemeindegebiet Sibbesse geschieht unter Federführung des Landkreises Hildesheim zusammen mit benachbarten Kommunen.

Und dann trifft uns die Lebensrealität mit voller Wucht:
Die vorgeschriebenen Verfahrenswege zum Bau von Hochwasserschutzbecken sind hochgradig komplex und deshalb haarsträubend langwierig. Und wer im Verfahren meint, er hätte Einwände vorzubringen, hat in unserem Rechtsstaat die Möglichkeit, den juristischen Klageweg einzugehen. Und selbst dann, wenn es am Ende doch so kommen sollte wie ursprünglich geplant, zieht es das Verfahren zusätzlich in die Länge. Vielleicht um Jahre. Ausdrücklich ist unsere Rechtsstaatlichkeit etwas, für das wir insbesondere in der jetzigen Zeit mit aller Kraft kämpfen sollten. Ich zeige hier nur erläuternd auf, durch welche Umstände es zur Verfahrensdauer kommt oder kommen kann.

Damit es schneller geht, müssen vorgeschriebene bindende Verfahrenswege drastisch verschlankt werden. Eine Forderung, die ich mit Nachdruck seit Beginn meiner Amtszeit an relevante oder übergeordnete Stellen richte. Der Städte-und Gemeindebund mit seiner Kraft der Vereintheit sendet ebenfalls diese unmissverständlichen klaren Botschaften an die Entscheidungsträger.


Schuldzuweisungen sind keine Lösung

Gern wird nach solchen Ereignissen mit Fingern auf andere gezeigt. Vielleicht teils zurecht, teils jedoch zu Unrecht, denn im Hintergrund wird bereits viel am Hochwasserschutz gearbeitet. Eben aber in den Zwängen vorgeschriebener Verfahrenswege. Wirklich weiter hilft uns auch ganz lokal auf Sibbesser Ebene ein gesellschaftlicher Zusammenhalt. Ein Miteinander, nicht ein Gegeneinander.

Vonseiten der Landwirte und anderer Flächenbesitzer der für Hochwasserschutzbecken relevanter Flächen kamen hilfreiche Hinweise, wie der Hochwasserschutz noch besser klappen könnte. Diese Hinweise werden im Planungsverfahren berücksichtigt, wenngleich nicht jedes Detail von den Fachleuten anerkannt werden kann. Viele Eingaben haben sich als sehr hilfreich gezeigt. Danke dafür, danke für die konstruktive Unterstützung.

Ich werbe nun um Vertrauen in die Fachleute, wenn am Ende eine Planung zum Schutz unserer Bevölkerung vorliegt, die dann endlich umgesetzt werden kann. Es geht immerhin um weite Teile unserer Sibbesser Bevölkerung, die schnellstmöglich geschützt werden muss.


Auf was müssen wir uns einstellen und was können wir als Folge dessen selbst tun?

Den Medien ist zu entnehmen: Nördlich der Alpen ist aufs Jahr gesehen keine Zunahme der absoluten Regenmengen zu verzeichnen. Sie treten nur anders auf. Es wird berichtet, dass es im Winter zu vermehrtem Dauerregen kommt. So wie jetzt im Dezember. Einem der regenreichsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Und zumindest diesmal zeigte sich: In unseren Sibbesser Rahmenbedingungen war das für unsere Böden und unsere Struktur auszuhalten. Geradeso.

Es soll aber zu trockeneren Frühjahren, sowie heißen und trockenen Sommern kommen. Damit verbunden sind Starkregenereignisse. Und diese werden auch aufgrund unserer Sibbesser Topografie unsere Herausforderung.

Auf die ausgetrockneten Böden trifft auch in Hanglagen starker Regen, der so schnell nicht vollumfänglich aufgenommen werden kann. Und der landet dann unter Mitnahme der sich ergebenden Schlammmassen abwärts in allem, was sich ihm in den Weg stellt. Das sind dann nicht nur die Häuser der Anwohner von Fließgewässern wie z.B. der Alme und der Despe. Es können auch etwas freier stehende Häuser selbst inmitten von Ortschaften sein. Von dieser im Zuge des Klimawandels entstandenen Herausforderung stehen wir nun sozusagen im gesamten Gemeindegebiet, nicht nur am Ufer von Alme und Despe.

Und damit wird deutlich: Hochwasserrückhaltebecken sind für uns unverzichtbar und müssen unbedingt gebaut werden. Sie allein sind vermutlich aber nicht die vollumfängliche Lösung. Selbst wenn diese fertig gebaut sind, bleiben wir nicht vor starkem Oberflächenwasser und Schlamm geschützt. Und das betrifft („nördlich der Alpen“) nun nicht nur Sibbesse, sondern womöglich weite Teile unseres Staates.

Der sinnvolle Schutz davor - immerhin gleichzeitig weite Teile Deutschlands- ist wieder komplex. Er geht hin bis zum Aufhalten oder mindestens Verlangsamen des Klimawandels, der eine globale Aufgabe der Menschheit ist. Können Sie sich vorstellen, dass das mal eben flott geht?

Es hilft uns allen also am effektivsten weiter, wenn wir vor Ort, in jedem Sibbesser Dorf, organisieren, wie wir uns selbst schützen. In unserer Sibbesser Lebensgemeinschaft muss die Einstellung vorherrschen, „Ich brauche deine Hilfe und wie kann ich dir helfen?“ Damit meine ich nicht nur die Einwohner als Zivilgesellschaft, sondern uns alle zusammen in unseren unterschiedlichen Funktionen.

Das, was ich in unseren Dörfern sehe, ist bereits auf einem außergewöhnlich guten Weg dorthin. In einer Not- oder Krisensituation helfen wir Sibbesser uns bereits ziemlich gut untereinander.

  • Die kostenlose App „DorfFunk“ wird bereits gut von den Sibbessern genutzt. Auch von denen, die klassische „soziale Medien“ nicht nutzen wollen oder dürfen. Dort können, ähnlich wie bei Facebook, einzelne Kommunikationsgruppen gegründet werden. Jedes Dorf könnte sich dort eine eigene Gruppe einrichten, bei der man sich bei Akutanlässen wie Unwettern austauschen und gegenseitig helfen kann.
  • Bitte informieren Sie sich darüberhinaus über Ihren möglichen Versicherungsschutz. Es wird berichtet, dass diesen nach dem Hochwasser 2017 sehr viele Menschen überprüft und ggf. optimiert haben.
  • Unsere Landwirte bitte ich neben der Akzeptanz der Planungen zu Hochwasserschutzbecken um ein offenes Ohr, wenn es um mögliche sinnvolle Maßnahmen zum Aufhalten von Oberflächenwasser und Schlamm geht. Oder anderen Bevölkerungsschutzmaßnahmen, wo die Sibbesser Ihre Hilfe benötigen.
  • Unsere Bevölkerung bitte ich inständig: Treten Sie zumindest als förderndes Mitglied in unsere Feuerwehren ein.
    Und: Für alle, die grundsätzlich dazu in der Lage sind - Informieren Sie sich über Ihre Möglichkeit der Teilnahme am aktiven Dienst. Um es klar vor Augen zu führen: Wenn niemand in den freiwilligen Feuerwehren aktiv mitmacht, dann kommt niemand, wenn Sie den Notruf wählen. Auch nicht in der Gemeinde Sibbesse.
    Die Feuerwehren sind unsere Sibbesser Selbsthilfegruppe.
    Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte einmal: „ Die Feuerwehren sind die „früheste, lebendigste und mutigste Bürgerinitiative“.
    Werden Sie ein Teil davon. Helfen Sie mit, Sibbesse zu schützen!

Sie sehen, Hochwasserschutz ist in der Gemeinde Sibbesse nicht allein der Bau von Rückhaltebecken. Sie sind ein gewichtiger und unverzichtbarer Teil vom Ganzen. Der Gemeinderat und die Verwaltung mit mir an der Spitze als der von Ihnen direkt gewählte Bürgermeister werden im Verfahren und dem Rahmen unserer Möglichkeiten alles tun, damit es vorangeht.

Gefordert ist aber auch jeder Einzelne. Bitte verstehen Sie uns alle zusammen als konstruktives Team. Als Sibbesser Gemeinschaft. In diesem Fall für unseren Schutz vor Hochwasser und Starkregen.